Wie das Palace ist auch der wunderbare Hamburger Singer-Songwriter Digger Barnes seit zehn Jahren unterwegs. Und seit Diggers erstem frühen Auftritt im Palace wissen wir, dass kaum etwas so gut ins Plüschkino passt wie sein Americana-Roadmovie. Geschichten voller Sehnsucht, Melancholie und morbidem Charme liefern den Stoff für die «Diamond Road Show», ein Bastard aus Kino und Konzert; Digger Barnes hat dieses Format zusammen mit dem Maler und Trickfilmkünstler Pencil Quincy erfunden. Dabei tourt er nicht nur in Clubs oder Kinos, sondern – hopplaschorsch – auch in Friedhofskapellen, alten Tankstellen, Eisenbahnwaggons, besetzten Häusern, psychiatrischen Einrichtungen, Staatstheatern und sogar Flugzeughangars. Durch das ständige Unterwegssein verschwimmt das reale Leben von Digger Barnes (bürgerlich Kay Buchheim) mit den Episoden seiner Show. Auch das neue Album «Near Exit 27» erzählt eine surrealistische cineastische Fiktion: Ein stillgelegter Freizeitpark, am Strassenrand zwei alte Dinosaurier aus Fiberglas. Ein Auto fährt vorbei und wirbelt Staub auf. Am Steuer ein Mann mit Schnauz, auf der Rückbank ein Gitarrenkoffer. Ein Outsider voller Weltschmerz, ewig reisend, nie ankommend. Barnes’musikalische Stories drehen in Filmwelten wie aus «Taxi Driver» oder «Paris, Texas». Oder um ein Beispiel zu nennen: Das zunächst unscheinbar herantuckernde «You Can’t Run From The Devil» entwickelt sich mit Mellotron und Celesta schnell zu einer psychedelischen Verfolgungsjagd von Gut und Böse, so, als hätte Dario Argento in einem Dreiminüter das Leben von Johnny Cash verfilmt.