Ob mit den Lassie Singers, mit Britta oder solo: Christiane Rösinger ist die Grand Dame des deutschen Lagerfeuersongs, ohne sie wäre die Klimax der drei grossen Ls (Liebe, Leiden, Lieder) um viele Höhepunkte ärmer, schrieb die Spex diesen Winter anlässlich eines ergiebigen Besuchs bei ihr zuhause am Mariannenplatz in Kreuzberg, Berlin. Seit ihrem Solodebüt «Songs Of L. And Hate» vor sechs Jahren hat Rösinger zwei Bücher geschrieben («Liebe wird oft überbewertet» und «Berlin-Baku»), Hörbücher aufgenommen, viele Konzerte gespielt, die monatliche Flittchenbar kuratiert, Deutsch für Flüchtlinge unterrichtet und den eigenen Garten bestellt. Und nun also das zweite Solo-Album, das sich wie ein Comeback anfühlt: neue Lieder aus der Feder von Rösinger, instrumentiert, aufgenommen und produziert von Ja-Panik-Sänger Andreas Spechtl. Nun geht es, entgegen dem Titel «Lieder ohne Leiden», vor allem um das zweite L, das Leiden. Wobei Liebe und Leid ja oft genug eng beieinander im Bett der Pärchenlüge liegen: Schlicht RZB nennt die Autorin die romantische Zweierbeziehung. Der Sound ist opulenter, farbenfroher geworden, Spechtl orientierte sich an der Musik von Sixties-Girl-Groups à la Shangri-Las, aber auch an den Beach Boys und Burt Bacharach. Der Gentrifizierungs-Stampfer «Eigentumswohnung» zeigt Rösingers typische Lakonie, messerscharf analysiert sie die Gegenwart zwischen dem Leben im Prekariat und der Rendite der Generation Erben. Und natürlich besingt sie auch den gedanklichen Raum dazwischen, in dem sie etwa die «stumpfe Arbeit» lobt, um sich vom narzisstisch-gestörten Kreativzwang unserer Zeit zu befreien. Lieben, Leiden und Leben mit Christiane Rösinger ist immer auch tröstlich.